Unabhängig vs. Ungebunden: „Der Berater ist unnotwendig!“

Univ.-Prof. Stefan Perner am Expert:innentreffen der Versicherungsmakler in Rust am 12.09.2024

Einen hochinteressanter Vortrag zur nächsten EU-Richtlinie RIS – intern auch IDD neu genannt – präsentierte Prof. Stefan Perner vom Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der WU Wien beim Expertentreffen im Burgenland.

Neben spitzfindigen Formulierungs- und Interpretationsdiskussionen zwischen EU-Kommission, -Parlament und –Rat, ob jetzt ein Provisionsverbot nur für unabhängige oder auch für ungebundene Makler kommt, oder ob in Wirklichkeit gar ein Übersetzungsfehler jede Diskussion darüber hinfällig macht, weil Brüssel ursächlich gar keine Unterscheidung zwischen Unabhängig/Ungebunden gemeint hat, werden die nächsten Wochen zeigen.

Perners Schlussfolgerung dazu: „Der Berater ist in Österreich dann völlig unnotwendig, der hat keine Funktion mehr, der geht im Makler auf.“

 

Stimmt das wirklich?

Der Berater, oder wie es richtig heißt: „Beratung in Versicherungsangelegenheiten“ hat in Österreich eine lange Tradition. Erinnern Sie sich nur an die Zeit vor dem verbundenen Gewerbe. Konkret bis zum 01.07.1997 waren Vermittlung (Makler) und Beratung ganz bewusst unterschiedliche Gewerbe. Der Berater in Versicherungsangelegenheiten (kurz BiV) war immer die höherwertige Gewerbeberechtigung, weil der Berufszugang wesentlich strenger geregelt war, als die der Makler. Der Berufszugang zum BiV war immer nur mit einer Prüfung möglich, um der großen Verantwortung Rechnung zu tragen. Wohingegen die noch immer geltenden Zugangsregeln zum Makler so viele Ausnahmen kennt, dass beinahe jede Versicherungsbestätigung schon ausreichend für die GISA-Eintragung als Makler ist.

 

Weshalb ist diese klare Abgrenzung noch wichtig?

Auch hier ein sehr kritisches Zitat vom letzten Donnerstag in Rust durch Prof. Karel van Hulle: „Wenn Sie einmal mit Regulierungen anfangen, können Sie nicht mehr aufhören.“ Und weiter: „Es müssen Vereinfachungen des Regulierungs- und Aufsichtsaufwandes geprüft werden. Nur wenn die EU unter Druck steht, wird gehandelt. Und der Druck ist jetzt da.“

 

Was meint er damit und was hat das mit uns zu tun?

Sämtliche EU-Richtlinien zur Versicherungsvermittlung treffen nur den Versicherungsvermittler. Also den angestellten, sowie den selbstständigen Versicherungsvertreter – auch Agent genannt – und natürlich auch den Versicherungsmakler. Durch die strenge Trennung und scharfe Abgrenzung zur „Beratung“ ist diese Vermittlungsunabhängige Dienstleistung von sämtlichen EU-Richtlinien, sowie vom Maklergesetz ausgenommen.

 

Weshalb ist die Beratung heute wichtiger denn je?

Gerade deshalb hat der ÖVT-Verband österreichischer Versicherungstreuhänder und Mediatoren in Versicherungsangelegenheiten, seit mehr als 20 Jahren strenge Sorgfaltsregeln die sich am Gerichtssachverständigenverband orientieren. Die ÖVT-Berufsordnung war auch Vorbild für die Standesregeln der Makler. Ob das jetzt Fremdschadenregulierungen, oder Gefahrenanalysen sind. Ob Schadenersatzansprüche geprüft und durchgesetzt, oder umfangreiche Expertisen erstellt werden: Der Versicherungstreuhänder mit der Berechtigung zur Beratung in Versicherungsangelegenheiten hat ein umfangreiches Dienstleistungsprofil und zwar völlig außerhalb der Vermittlung von Versicherungsverträgen.

 

Wie wird der Versicherungstreuhänder entlohnt?

Da die Versicherungsvermittlung von der Beratung ausdrücklich und präzise abgegrenzt wird, gibt es natürlich kein Dreiecksverhältnis zum Versicherer und logischerweise auch keine eingepreiste Provision. Das Auftragsverhältnis der Versicherungstreuhänder regelt völlig klar von der ersten Minute an auch die Honorierung durch den Klienten. Der ÖVT-Honorartarif ist in seiner Struktur kartellgerichtlich seit 2003 genehmigt. Die ibw-zertifizierte Ausbildung am ÖVT-College garantiert außerdem jedem Diplomierten Versicherungstreuhänder die rechtssichere Anwendung seines Dienstleistungsspektrums.

 

Conclusio?

Der Berater oder die Beratung ist heute wichtiger denn je, um viele Dienstleistungen zur Existenzsicherung sichtbar zu machen und abzurechnen. Provisionsverbotsdiskussionen kenne ich standespolitisch seit 2007 und wie Prof. van Hulle oben meint, werden sich die Brüsseler Beamten in ihrer Regulierungswut zur Versicherungsvermittlung nicht mehr einbremsen lassen. Wir in Österreich haben durch den ÖVT mit seiner Selbstregulierungskraft die Beratungsdienstleistung sauber und rechtssicher definiert und abgeschlossen.